Paula oder das Faszinosum der Abwesenheit negativer Nahgesichtserfahrung

Alfonso ist nicht unbedingt ein vorsichtiger oder ängstlicher Mensch, aber dass man  in einer ersten Liebesnacht, in einem One-Night-Stand oder auch nur bei einem Kuss von einem Gesicht, dass man zuvor gern angesehen hat, in der Regel unangenehm überrascht wird, findet er doch bemerkenswert. Aus der Nähe betrachtet können Nasen bedrohlich wirken, Falten um die Mundwinkel grimassieren, Lachfältchen um die Augen zum Symbol der Verschlagenheit werden. Zu oft haben ihn diese ersten Einblicke getrogen, das ist wahr, aber trotzdem…

Die einzige Frau, deren Gesicht ihn in der Detaileinstellung nicht erschrecken ließ, war zugleich auch seine schönste Körpererfahrung. Geblieben aber ist von Paula, so hieß sie wohl, fast nichts, außer diese wohlige Wahrnehmung ihres Gesichts, die ihn noch heute ergreift, und die Pfade des Erschauerns, die ihre Berührung auf seiner Haut hinterließ. Warum sehnt er sich so sehr zurück in diese bloße Empfindung? Diese Konzentration der Hingabe und des Verlangens auf einen winzigen Punkt… so ohne Dauer und Raum… so ohne Zukunft… warum ist sie für ihn der Inbegriff vollkommener Liebe?

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